Gemeinderat Ravindra Nath (FDP) zur Geflüchtetenunterkunft und zum Bürgerbegehren (17.09.24)

Lage am Wirthsfeld
Exemplarische Lage einer möglichen Unterkunft am Wirthsfeld
Rede im Gemeinderat am 18.09.24

Guten Abend meine Damen und Herren,

Ich möchte im Folgenden erläutern, warum ich für die Errichtung einer Geflüchtetenunterkunft am Wirthsfeld in Modulbauweise zur längerfristigen Unterbringung von geflüchteten Familien bin. Gleichzeitig werde ich erklären, warum ich das Bürgerbegehren gegen dieses Vorhaben für irreführend halte und ablehne.

Zunächst möchte ich betonen, dass ich sehr viel Verständnis für die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger habe. Es ist völlig nachvollziehbar, dass Bedenken aufkommen, ob durch die Unterbringung von Geflüchteten die allgemeine Sicherheit in unserem Ort beeinträchtigt werden könnte. Diese Sorgen verdienen es, ernst genommen zu werden. Doch es ist wichtig, dass wir uns von Fakten und nicht von Emotionen leiten lassen.

Das Bürgerbegehren, wie auch die vier Mitglieder des Gemeinderats, die dieses unterstützen, greifen genau diese Ängste auf und spielen damit. Was wir hier erleben, ist reiner Populismus. Statt sachlicher Argumentation werden die Befürchtungen der Bürger aufgeheizt, um Stimmung gegen die Unterkunft zu machen. Dabei geht es nicht darum, konstruktive Lösungen zu finden, sondern lediglich darum, den Unmut zu schüren.

Die Fragestellung des Bürgerbegehrens suggeriert den Menschen hier im Ort, dass wir die Wahl hätten: Nehmen wir Geflüchtete auf oder nicht? Doch das ist schlichtweg falsch. Die im Begehren pro-forma erwähnte „Alternative“ einer dezentralen Unterbringung hat sich seit 2016 nachweislich als nicht umsetzbar erwiesen. Warum sollte das jetzt auf einmal funktionieren? Nur dank der Initiative des Wort-und-Bild Verlags war es überhaupt möglich, dass wir in Baierbrunn Geflüchtete unterbringen konnten. Wenn die Initiatoren des Bürgerbegehrens echte, realisierbare Alternativen anbieten könnten, wäre dies eine sinnvolle Diskussion. Aber was wir hier sehen, ist eine reine Blockadehaltung, die den Ruf unserer Gemeinde im Landkreis gefährdet und die Geflüchteten ohne Anlass vorverurteilt.

Es muss klar gesagt werden: Eine Verweigerung der Aufnahme von Geflüchteten steht nicht zur Debatte. Wir haben die Pflicht, unseren Anteil zu leisten – so wie jede andere Gemeinde im Landkreis und in ganz Deutschland auch. Wir können uns dieser Verantwortung nicht entziehen, egal wie sehr manche dies gerne möchten.

Ich persönlich möchte lieber aktiv gestalten, indem ich einen geeigneten Standort für eine Unterkunft anbiete, statt darauf zu warten, dass das Landratsamt für uns entscheidet. Wenn wir keine Lösung finden, wird das Landratsamt die Entscheidung über die Unterbringung treffen, und ich bin überzeugt, dass deren Lösung weniger integrativ und weniger passend für unser Dorf sein wird, als unser eigenes, durchdachtes Konzept.

Es ist auch nicht unsere Aufgabe, die Migrationspolitik der Bundesregierung oder der EU zu bewerten. Natürlich kann man über viele Punkte in der Migrationspolitik diskutieren und unterschiedlicher Meinung sein. Doch die Aufnahme von Geflüchteten hier in Baierbrunn hat mit diesen übergeordneten Debatten nichts zu tun. Sich unsolidarisch zu verhalten, um ein politisches Zeichen zu setzen, ist nicht nur ineffektiv, es ist auch verantwortungslos.

Nun zum Thema Modulbauweise: Das Landratsamt hat uns klar signalisiert, dass die Chance, Familien bei uns unterzubringen, deutlich höher ist, wenn wir uns für diese Bauweise entscheiden. Die Module bieten den Vorteil, dass sie sich harmonisch in unser Dorfbild einfügen und gleichzeitig eine längere Lebensdauer haben. Zudem ermöglicht diese Bauweise eine bessere Integration, da sie den Geflüchteten eine Umgebung bietet, in der sie sich in unser Dorfleben integrieren können.

Ich bin der Überzeugung, dass wir auch langfristig eine Geflüchtetenunterkunft benötigen werden. Es wäre naiv zu glauben, dass der Bedarf in den kommenden Jahren plötzlich verschwinden wird. Im Gegenteil: Vielleicht wird Wort-und-Bild irgendwann keine Wohnungen mehr für Geflüchtete zur Verfügung stellen, und dann sind wir als Gemeinde gefordert, diesen Bedarf zu decken. Und selbst wenn keine neuen Geflüchteten zu uns kommen, haben wir weiterhin das Problem der Fehlbeleger, also Menschen, die ehemals als Geflüchtete anerkannt wurden, aber keine andere Wohnung finden und weiterhin in den bereitgestellten Unterkünften leben.

Abschließend appelliere ich an alle, die Dinge realistisch zu betrachten. Wir haben die Verantwortung, für unser Bürgerinnen und Bürger, sowie für die Menschen, die hier bei uns Schutz suchen, eine würdige und nachhaltige Lösung zu schaffen. Das Bürgerbegehren führt in die falsche Richtung und behindert eine konstruktive Lösung. Lasst uns als Demokraten gemeinsam die Bürgerinnen und Bürger informieren, damit wir für unsere Gemeinde, als auch für die Geflüchteten, die bestmögliche Lösung schaffen können.

Vielen Dank.